Meinungsbeitrag, zusammengefasst von Dominik Kern
Überall begegnen uns neuerdings merkwürdige sprachliche Konstrukte. Man hört von Radfahrenden, die im Biergarten sitzen, von Studierenden, die auf der Party tanzen oder von Blasenden und Streichenden des Sinfonieorchesters. Texte werden mit Gendersternchen, Doppelpunkten und Binnen-Is durchzogen. Nachrichtensprecher und Moderatoren im Fernsehen sprechen immer öfter doppelt oder mit „Gender-Schluckauf“.
Zur Begründung für den Einzug der Genderregeln in die Schrift- und Lautsprache heißt es, dass Frauen und die - mittlerweile entdeckten - unzähligen anderen Geschlechter nun endlich sprachlich sichtbar werden.
Aber wer benötigt eine derart lächerliche Bestätigung? Bedeutet die ständige Betonung des Geschlechts nicht eine Sexualisierung der Sprache und letztendlich aller Lebensbereiche? Zweifel daran, dass mit dem Begriff Steuerzahler auch Frauen gemeint sind, hatte ich noch nie.
Oft frage ich mich: Was für einen Bezug zur Lebenswirklichkeit der Bürger haben Menschen, die sich mit solchen Themen befassen? Angesichts der drängenden Probleme, die viele Menschen beschäftigen, klingen diese Ideen geradezu zynisch. Es scheinen die Luxusprobleme derer zu sein, die gut von der Arbeit anderer leben.
Laut Umfragen lehnt zudem die übergroße Mehrheit der Bürger die Gendersprache ab. Was ist das für ein Demokratieverständnis, solche gravierenden Veränderungen der Sprache ohne den entsprechenden Rückhalt in der Bevölkerung durchzusetzen? Benötigen nicht alle gesellschaftspolitischen Maßnahmen einen tragfähigen Konsens? Beginnt nicht mit der Veränderung von Sprache durch staatlichen Zwang der Weg in die Unfreiheit?
Sprache ist kein Werkzeug einer Ideologie, sie dient dem Austausch und der Verständigung. Gendersprache ist aber voller Schreib- und Sprachregelungen, die so wirr sind, dass sie von ihren glühendsten Verfechtern nicht konsequent eingehalten werden. Wie sollen Menschen, die ohnehin in ihren kommunikativen Fähigkeiten eingeschränkt sind, mit der Gendersprache zurechtkommen?
Sollen außerdem juristische oder behördliche Texte durch die Gendersprache zusätzlich verkompliziert werden? Wird das Miteinander tatsächlich "inklusiver", wenn man keine gemeinsame Sprache mehr spricht?
Und die vielleicht wichtigste Frage: Inwieweit verbessert sich die tatsächliche Situation von Frauen durch die sprachliche Zwangsumerziehung? Dass Frauen in so anstrengenden Berufen wie der Pflege so wenig verdienen, lässt sich nicht mit Gendersternchen und stotternden Moderatoren lösen.
Eine kleine Bemerkung zum Schluss: Nach einem langen, anstrengenden Arbeitstag genieße ich meinen Feierabend. Ich bin dann zwar immer noch Pflegerin, aber keine Pflegende. Wer der Sprache mächtig ist, kennt den Unterschied.